Aller Anfang ist schwer
Fanstory von eMkAY85
Eine sanfte Brise wehte durch das offene Fenster einer kleinen Villa. Draußen im Garten plätscherte ein Springbrunnen friedlich vor sich hin. Es war Frühling und die Sonne schickte ihre ersten warmen Strahlen vom blauen Himmel hinab. Der Tag könnte kaum schöner sein. Die Blätter der Bäume tanzten im leichten Wind und hier und da hörte man etwas durchs Gras huschen. Auf der Straße, die an der Villa vorbei führte, gehen die Menschen in Richtung Marktplatz, wo sie begannen, ihre Stände aufzubauen oder sich an ihren Einkauf wagten. Es war 8.00 Uhr. Kinder rannten über den Markt und spielten und tobten, während ihre Eltern die alltäglichen Dinge erledigten.
Das Dorf, in dem wir uns befinden, war nicht sonderlich groß, aber trotzdem hatten die Menschen alles, was sie zum Leben brauchen und waren glücklich. Um den Marktplatz herum standen kreisförmig angerichtet die Häuser des Bäckers, des Metzgers und die der Händler, die Schmiede und noch ein paar einfache Wohnhäuser. Etwas weiter entfernt befand sich ein kleines Hospital, in dem auch vorüberziehende Reisende übernachten können, und direkt daneben das Pokécenter.
Doch weiter entfernt, in der kleinen Villa, lag ein Mädchen in ihrem Bett und schlief. Sie träumte davon endlich ein eigenes Pokémon zu bekommen und es trainieren zu können. Doch das Schicksal meinte es nicht so gut mit ihr, denn der Professor, der die Starter-Pokémon verschenkt, war letztes Jahr verreist und bis heute noch nicht zurückgekommen. Solange er nicht da war, konnte sie auch kein Pokémon bekommen, dabei wartete sie schon so sehnsüchtig darauf.
Als der Professor das Dorf verließ, versprach er rechtzeitig wieder da zu sein, um Cassie, denn so heißt das Mädchen, ihr erstes Pokémon geben zu können. Sie hatte sich schon genau überlegt, welches sie haben möchte. Zur Auswahl standen Chelast, ein Pflanzentyp, Panflam, ein Feuertyp, und Plinfa, ein Wassertyp. Zuerst wusste sie nicht so recht welches sie nehmen soll, denn ihr gefielen alle gleich gut. Doch dann hat sie sich für das Feuerpokémon Panflam entschieden, da auch in ihrem Herzen das Feuer für Pokémon brannte.
In ihrem Traum war sie bereits die beste Trainerin der Welt und wurde gerade von allen bejubelt. Der Traum schien so real, dass sie sogar ihren Namen hörte. Cassie. Was für ein Traum, so echt und so deutlich. Cassie. Jetzt schien es sogar noch lauter zu werden. Was war das bloß? "Cassie! Jetzt komm endlich raus aus dem Bett, das Frühstück ist fertig."
Verschlafen und noch halb im Traum versuchte sie ihre Augen zu öffnen und musste plötzlich blinzeln, da das helle Sonnenlicht blendete. Nach kurzer Zeit hatte sie sich daran gewöhnt und sah ihre Mutter, die noch die letzten Vorhänge von den Fenstern wegschob. "Na du Schlafmütze.", sagte sie "bist du wach? Was ist los? Du bist doch sonst immer schon beim ersten Sonnenstrahl wach und schaust aus dem Fenster, ob der Professor zurück ist."
Das stimmte, aber irgendwie hatte sie heute keine Lust dazu und war wieder eingeschlafen. Es war jetzt genau einen Monat her, seit sie ihren 10. Geburtstag gefeiert hat und eigentlich ihr Pokémon bekommen sollte. Seit diesem Tag wartete sie sehnsüchtig auf die Rückkehr des Professors. Aber allmählich ließ ihre Geduld nach und sie dachte sich, wenn der Professor nicht wieder kommt, geht sie eben alleine auf die Reise und versucht sich so ihr erstes Pokémon selbst zu fangen. Aber würde sie das wirklich schaffen?
Die Welt da draußen steckte voller Geheimnisse, Gefahren und wilder Pokémon und sie hatte weder ein Pokémon zu ihrem Schutz noch Pokébälle um welche zu fangen. Aber sie würde auf keinen Fall aufgeben. "Na, zieh dich endlich an und komm frühstücken.", sagte ihre Mutter, denn Cassie saß immer noch in ihrem Nachthemd im Bett und war halb in Gedanken. Als ihre Mutter das Zimmer verließ, stieg sie aus dem Bett und ging zum Kleiderschrank. Sie suchte sich eine Hose raus, die auch mal schmutzig werden durfte, und dazu ein T-Shirt.
Dann zog sie sich an und holte ihren Rucksack. In diesen stopfte sie Klamotten zum wechseln hinein und noch ein paar andere Sachen, von denen sie meinte, dass sie sie gebrauchen könnte. Dann ging sie die Treppe hinunter und in die Küche. Dort saßen bereits ihre Mutter, ihr Vater und ihr jüngerer Bruder am Tisch und aßen. "Was willst du denn mit dem Rucksack, Cassie?", fragte ihr Vater. Alle sahen Cassie an und warteten auf ihre Antwort, auch wenn sie es sich denken konnten.
"Ich habe keine Lust mehr länger zu warten! Der Professor wollte schon vor einem Monat zurück sein und ist immer noch nicht hier! Sobald ich mit dem Frühstück fertig bin, werde ich alleine auf die Reise gehen und mir mein Pokémon selbst fangen. Irgendwie bekomme ich das schon hin." Da ihre Eltern wussten, wie stur sie werden konnte, widersprachen sie ihr nicht. Weit würde sie sowieso nicht kommen, dachten ihre Eltern. Sicher würde sie es versuchen, aber schon nach kurzer Zeit wieder vor der Haustür stehen.
Nicht, das sie ihr es nicht zutrauen würden, aber es ist nicht einfach ein wildes Pokémon zu fangen, ohne es vorher mit einem anderen zu schwächen. Manchmal musste man seinen Kindern einfach ihren Willen lassen, damit sie lernen können, was für sie möglich ist und was nicht. Allerdings würden sie sie nicht ganz alleine gehen lassen. Sie würden einfach Tito hinterher schicken und heimlich auf sie aufpassen lassen, damit ihr nichts passiert.
Tito ist ein Staraptor und schon lange ein Freund der Familie. Früher war er mal ein Staralili und ist mit Cassies Vater auf Reisen gewesen, als dieser noch ein junger Mann war. Tito ist zwar nicht mehr der Jüngste, aber zum alten Eisen gehört er auch noch nicht. Er kann nach wie vor kämpfen, wenn es darauf ankommt. Er wird Cassie aus der Luft beobachten und nur dann einschreiten, wenn es wirklich brenzlich wird.
Nach dem Frühstück packe Cassie noch etwas Proviant in ihren Rucksack, das bis zur nächsten Stadt reichen würde. Dort könnte sie sich wieder neuen Proviant besorgen. Sie zog ihre Schuhe an und überlegt noch, ob sie auch alles dabei und nichts vergessen hat. Und dann war sie auch schon fertig zum Aufbruch. Ihre Eltern und ihr Bruder waren bereits im Hof, als sie nach draußen kam.
"So. Es ist soweit. Ich werde jetzt losziehen und die beste Trainerin der Welt werden. Sobald ich in der nächsten Stadt angekommen bin, werde ich euch anrufen und euch erzählen welche Pokémon ich schon alles gefangen habe und welches mein erstes war." "Pass aber auf dich auf und sei vorsichtig", ermahnte sie ihre Mutter. "Bleib immer auf dem Weg und geh nicht zu tief in den Wald. Dort lauern wilde Pokémon, die man alleine nicht besiegen kann", sagte ihr Vater.
Plötzlich trat ihr kleiner Bruder einen Schritt nach vorne und strecke beide Hände geschlossen nach vorne. Als er sie öffnete befand sich darin eine kleine Figur, die wie ein Plinfa aussah. "Das ist mein Lieblingspokémon", sagte der Kleine, "Ich hab sie mir von meinem eigenen Geld auf dem Rummel gekauft. Sie soll die Glück bringen und auf dich aufpassen." Als Cassie die Figur entgegen nahm, kullerten ihrem Bruder ein paar Tränen hinunter. Er liebte die Figur über alles und nun gab er sie ihr als Glücksbringer mit auf den Weg.
"Vielen Dank. Ich werde gut auf sie aufpassen. Wenn ich das nächste Mal wieder hier bin, bekommst du sie zurück, denn dann habe ich eigene Pokémon, die mich beschützen und brauche sie nicht mehr." Nachdem sie sich von allen verabschiedet hat, machte sie sich auf den Weg in Richtung Wald. Diesen musste man durchqueren, wenn man zur nächsten Stadt wollte. Auf einer kleinen Anhöhe blieb sie noch einmal kurz stehen, drehte sich um und winkte allen noch einmal. Dann ging sie entschlossenen Herzens weiter.
Als sie außer Sichtweite des Hofes war, rief ihr Vater nach Tito. Er kam sofort und ihr Vater sagte zu ihm: "Pass auf Tito. Wir wollen nicht, das Cassie etwas passiert, deswegen musst du ihr hinterher fliegen und auf sie Acht geben. Sei aber vorsichtig, dass sie dich nicht sieht, sonst könnte sie sauer werden und das wollen wir ja nicht. Greife nur ein, wenn wirklich Gefahr droht und sie es nicht alleine schafft." "STARAPTOR, STARA", antwortet dieser, als Zeichen, das er es verstanden hatte. Dann hob er ab und schwang sich in die Lüfte.
Cassie konnte es kaum fassen. Sie war tatsächlich einfach so aufgebrochen, um sich selbst ein Pokémon zu fangen. Seltsamerweise hatten ihre Eltern nicht einmal etwas dagegen. Doch selbst wenn sie was dagegen hätten, hätte sie sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen lassen. Vielleicht hatten ihre Eltern das erkannt und deswegen gleich zugestimmt. Doch nun wollte sich nach vorne blicken, auf die Abenteuer, die vor ihr lagen. Wie viele Pokémon würde sie fangen? Würde sie auf ihrer Reise auch neue Freunde finden?
Sie hoffte es so sehr, denn bisher hatte sie nur wenige Freunde gehabt. Es gab zwar Kinder in ihrem Alter im Dorf, doch diese mieden sie meist, da Cassie ein Kind aus reichem Hause ist und nicht mit ihnen durch Schlammpfützen springen würde. Das dachten die Kinder zumindest, doch wusste Cassie sehr wohl, wie viel Spaß es machte im Dreck zu spielen. Allerdings hatten die Kinder sie einmal ganz schmutzig gemacht, als sie gerade mit ihrer Mutter in ihrem schönsten Kleid durch die Stadt gegangen war, und das fand sie gar nicht lustig.
Seit diesem Tag gingen ihr die meisten Kinder aus dem Weg. Nur ein einziger Junge war noch ihr Freund geblieben und besuchte sie oft, um mit ihr zu spielen. Doch dieser war vor knapp zwei Jahren aufgebrochen, um selbst ein Pokémon-Trainer zu werden und war seit dem nur selten wieder im Dorf gewesen. Insgeheim hoffte sie, diesen Jungen auf ihrer Reise zu treffen und mit ihm gemeinsam durch das Land zu ziehen. Aber im Moment war sie alleine.
Ein Rascheln schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Sie sah sich um und merkte, dass sie schon den Waldrand erreicht hatte. Ab jetzt müsste sie auf der Hut sein, denn im Wald lebten viele wilde Pokémon. Als Bestätigung dafür raschelte es erneut. Ein wenig verängstigt drehte sie sich in die Richtung des Geräusches. Es kam aus einem Gebüsch rechts neben ihr. Vorsichtig sah sie um und suchte etwas, mit dem sie sich irgendwie verteidigen konnte, einen Stock oder Ast, aber nirgends war etwas der Art zu sehen.
Plötzlich sprang etwas aus dem Gebüsch, warf Cassie regelrecht um und landete auf ihrem Bauch. Zuerst wagte es Cassie nicht, die Augen zu öffnen. Wer weiß welches gefährliche Pokémon das war und vielleicht war es besser sich tot zu stellen. Doch dann gewann ihre Neugier die Oberhand und sie öffnete vorsichtig und ganz langsam ihre Augen. Das Pokémon war braun, mit zwei unterschiedlichen Brauntönen. Es schien gar nicht so groß zu sein, wie Cassie anfangs gedacht hatte.
Als sie endlich die Augen richtig offen hatte, erkannte sie, welches Pokémon dort vor ihr saß. Es war ein Haspiror und war alles andere als furchterregend. Nein, es sag sogar ganz niedlich aus. Cassie versucht sich hinzusetzen, denn sie lag noch halb auf dem Rücken, um so besser sehen zu können. Dabei machte das kleine Haspiror einen Satz zurück und saß nun vor ihren Füßen und betrachtete sie neugierig. Mit ganz langsamen Bewegungen tastet sie in ihrem Rucksack nach einem der Pokébälle.
"Das ist meine Chance, dachte Cassie, Es scheint zutraulich zu sein. Außerdem ist es klein und sicher nicht so stark. Dann habe ich endlich mein erstes eigenes Pokémon. Sie fand einen und holte ihn ganz vorsichtig raus. Sie wartete noch kurz und dann...Jetzt...", dachte sie und warf den Ball. Doch dieser landete nur in dem Gebüsch, aus dem das Haspiror vorhin kam, denn es war mit einer blitzschnellen Bewegung dem Ball ausgewichen und davon gesprungen. Eh sie sich versah, war es auch schon im Wald verschwunden.
Enttäuscht und traurig ging sie zu dem Gebüsch und suchte nach dem Ball, der dort ja irgendwo liegen musste. Nach ein paar Minuten und ein paar Kratzern hatte sie ihn endlich gefunden. Vor lauter Frust setzte sie sich erst einmal auf einen Baumstumpf und holte etwas zu Essen raus. Während sie da saß und aß überlegte sie, was man anders machen könnte.
Da kam ihr plötzlich eine Idee. Einfach nur einen Ball zu werfen würde nicht reichen, nicht einmal bei kleinen Pokémon. Sie brauchte etwas, um ihr Vertrauen zu gewinnen, etwas mit dem sie sich einkratzen konnte. Das war es! Wenn sie das nächste Mal auf ein Pokémon traf, würde sie ihm einfach etwas zu essen anbieten, denn auch Pokémon hatten Hunger. Während es dann fraß, würde sie einfach den Ball werfen und dann hätte sie es geschafft. Sie aß in Ruhe ihr Brot zuende und machte sich dann wieder auf den Weg durch den Wald.
Wenn man genau hinsah, konnte man ein paar Pokémon entdecken, die hier lebten. Hier waren ein paar Burmys zusammen mit Burmadames und Moterpels, dort Kikugis und Kinosos. Oben in den ästen sah man ein flinkes Pachirisu von Baum zu Baum springen. Je tiefer man hinein kam, desto mehr Pokémon gab es. Raupys, Safcons, Hornlius, Kokunas, Skaraborns, Taubsis, Webaraks, Ledybas, Hoothoots und noch mehr. Hoch über den Bäumen flog ein Schwarm Staralilis und Staravias vorbei.
Plötzlich musste Cassie an zu Hause denken, denn die Vogelpokémon erinnerten sie an Tito, das Staraptor ihres Vaters, welches erst ein Staralili und dann ein Staravia war, bevor es sich schließlich zu einem Staraptor weiterentwickelt hat. Wie es ihrer Familie wohl ging? Zugegeben, sie war gerade mal ein paar Stunden unterwegs, trotzdem musste sie daran denken, was ihre Familie normalerweise um diese Zeit macht.
"Vermutlich sitzen sie alle am Tisch, trinken Kaffee und essen Kuchen und fragen sich, was ich wohl mache und ob ich schon ein Pokémon gefangen habe. Vielleicht sollte ich mir auch ein Staralili fangen, wie Papa damals, dann habe ich später auch ein starkes Staraptor", dachte Cassie, "Aber wie soll ich nach da oben kommen?" Ich kann ja nicht fliegen und runter kommen sie bestimmt auch nicht einfach so. Sie musste sich eingestehen, dass sie sich das alles viel einfacher vorgestellt hatte. Trotzdem ließ sie sich nicht entmutigen. Sie wollte sich nicht geschlagen geben und wieder zu Hause angekrochen kommen. Diesmal nicht!
Sie hatte es schon einmal versucht - zwei Tage nach ihrem 10. Geburtstag. Nachdem der Professor nicht gekommen war, packte sie ihre Sachen und zog los. Allerdings war diese Spontanentscheidung eher ein großes Chaos gewesen und überhaupt nicht durchdacht. Sie hatte zwar Nahrung, Kleidung und auch Geld dabei, allerdings weder Pokébälle noch irgendwelche Informationen, was für Pokémon ihr unterwegs begegnen könnten. So war sie bereits nach wenigen Stunden wieder nach Hause gerannt, nachdem sie von einem Schwarm Zirpeise verfolgt worden war.
Was sie aber nicht wusste, die Zirpeise waren nur hinter ihrem Brot her, welches Cassie dick mit Honig bestrichen hatte, das sie diese so gerne mochte. Nach diesem Ereignis begann sie sich über die Pokémon in ihrer Gegend schlau zu machen - welche es so gab, was sie mochten und was nicht. Und heute war es dann soweit und sie fühlte sich bereit erneut aufzubrechen - diesmal ohne Honig.
Jetzt war sie im Wald und schon ein ganzes Stück weiter, als beim letzen Mal. Zwar hatte sie noch kein Pokémon gefangen, doch das muss nicht heißen, dass sie nie eins fangen würde. Manchmal kommt es ja auch vor, dass sich ein Pokémon freiwillig einem Menschen anschloss und diese dann gute Freunde wurden. Sie glaubte fest daran und würde nicht eher aufgeben, bis sie ein Pokémon als Freund und Partner gefunden hat. Mittlerweile war es ihr sogar egal, welches Pokémon es wird, da sie sich schon damit abgefunden hat, das es kein Panflam sein wird, da diese nur sehr selten finden und schwer zu fangen sind. Aus diesem Grund sind die Professoren manchmal Monate oder sogar Jahre unterwegs, um die Starterpokémon zu bekommen.
Plötzlich knisterte es neben ihr und sie fuhr erschrocken herum. Doch da war nichts, also ging sie weiter. Aber da war das Knistern schon wieder - diesmal von der anderen Seite. Sie drehte sich um, aber alles was sie sah waren Bäume und Sträucher. Nirgends auch nur den Hauch einer Spur eines wilden und gefährlichen Pokémon. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass dort wirklich niemand war, ging sie weiter ihren Weg.
Mittlerweile war es auch schon dunkler geworden und Cassie begann zu überlegen, wo sie die Nacht verbringen sollte. So ungeschützt im Wald zu schlafen war ziemlich gefährlich. Irgendwie musste sie ein Versteck suchen, indem sie sicherer war. Da entdeckte sie plötzlich einen großen Baum, dessen Stamm am Boden gespalten war und somit eine Art kleine Höhle bildete. Sie lief darauf zu und spähte vorsichtig hinein. Es war nicht viel Platz darin, aber es würde reichen, um eine Nacht sicher und trocken zu sein.
Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass in der Baumhöhle keine Pokémon hausten, kroch sie hinein. Anscheinend hatte schon einmal jemand hier gelebt, denn der Boden war mit Laub und Gras belegt und angenehm weich. Durch das viele Laufen war sie ziemlich müde und suchte sich schnell eine bequeme Lage zum Schlafen und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange bis sie eingeschlafen war.
über dem Wald kreiste Tito immer noch wachsam. Auch er hatte das Knistern bemerkt und war seit dem noch vorsichtiger. Doch er hatte niemanden sehen können. Dann erklang ein Pfiff in die Stille hinein. Ein Pfiff, der so leise war, das ihn nur bestimmte Pokémon hören konnten. Er kannte diesen Pfiff nur zu gut. Es war der Pfiff seines Trainers und das konnte nur bedeuten, dass er zurückkommen sollte. Eigentlich war ihm nicht wohl bei der Sache, Cassie einfach alleine im Wald zu lassen, aber da sie ja nun einen sicheren Unterschlupf gefunden hatte, machte er sich auf und flog Richtung Villa zurück. Er würde später wieder herkommen. Sein Trainer würde ihn nicht ohne Grund rufen, das wusste Tito. Eine Strecke, für welche man zu Fuß einen halben Tag brauchte, war per Luftweg nur knapp 45 Minuten entfernt.
Als er endlich im Hof der Villa ankam, wartete Cassies Vater bereits auf ihn. Doch dort stand nicht nur er, sondern auch noch ein älterer Mann mit Bart und einen Koffer. Nach der Landung erkannte Tito ihn auch wieder. Es war der Professor - derselbe, der ihn vor vielen Jahren an Cassies Vater gegeben hatte, als er noch ein Staralili war. Er war endlich wieder da und so schnell wie möglich zur Villa gekommen, weil er wusste, wie ungeduldig Cassie schon vor einem Jahr gewesen war.
Eigentlich dachte der Professor, dass Cassie nur ungeduldig in ihrem Zimmer saß, doch als er hörte, das sie sich alleine auf die Reise gemacht hatte - ohne Pokémon - machte er sich Sorgen. Wäre er doch nur eher wieder hier gesehen, doch die Umstände ließen es nicht zu, dass er pünktlich wieder da war. Auf eine Reise können immer wieder Dinge passieren, mit denen man nicht gerechnet hat. Doch jetzt war er wieder da und wollte Cassie endlich ihr Pokémon geben. Aber wie sollte das jetzt gehen? Sie einzuholen war zwar möglich, doch würde es eine Weile dauern und bis dahin könnte, vieles passieren, vor allem, da sie nun auf sich ganz alleine gestellt ist. Plötzlich kam dem Professor eine blendende Idee.
Mit einem Ruck setzte Cassie sich auf und stieß sich dabei den Kopf an dem Baumstamm. Etwas hatte sie aus dem Schlaf gerissen. Das Knistern. Das Knistern, welches sie bereits vorhin gehört hatte. Aber es war diesmal nicht nur ein Knistern - nein - denn es war auch noch ein Knacken und Grummeln zu hören. "Da ist ein Pokémon, das muss ein Pokémon sein, dachte Cassie, aber welche Pokémon geben solche Geräusche von sich? Irgendwie macht mir das Angst."
Ganz vorsichtig drehte sich Cassie zur öffnung und spähte hinaus. Dort stand ein großes grau-blaues Pokémon mit Stacheln und Dornen am Kopf. Es schnüffelte in der Luft und kam der Höhle immer näher. Da Cassie viel über Pokémon gelesen hatte, fiel ihr auch der Name dieses Pokémons ein - Rameidon - und es kam genau auf sie zu. "Was soll ich jetzt bloß machen? Ich komme hier nicht raus, solange es vor der öffnung steht. Hoffentlich verschwindet es wieder." Sie traute sich kaum zu atmen, denn sie hoffte immer noch, dass es sie noch nicht entdeckt hatte. Aber dafür war es bereits zu spät. Es hatte schon längst ihren Geruch in der Nase und sah ihr mit einem Mal direkt in die Augen. Dann stürmte es geradewegs auf sie zu.
Gerade als sie dachte, "jetzt rammt es den Baum und dann bin ich völlig ohne Schutz", ertönte ein anderer gewaltiger Ruf. Cassie hatte sich zusammen gekauert und hielt sich die Hände schützend vors Gesicht. Doch als es nach dem Ruf still blieb und nichts passierte, öffnete sie vorsichtig die Augen und luckte durch ihre Finger durch nach draußen. Dort war plötzlich noch ein weites Pokémon, aber was war das für eins? Ein solches hatte sie noch nirgends gesehen.
Es war größer als Rameidon, obwohl es auf allen Vieren lief. Seine Farbe war dunkel- und hellblau und es sieht so aus, als hätte es eine silberne Rüstung an Kopf, Brust und Rücken. Es war sehr beeindruckend und trotz das Cassie Angst hatte, glaubte sie, das dieses Pokémon ihr nichts tun würde. Nein - ganz im Gegenteil - es ist hier, um sie zu retten.
Rameidon passte es gar nicht, dass dieses Pokémon hier plötzlich aufgetaucht war und machte sich sofort für einen Angriff bereit. Doch egal was es versuchte, das andere war einfach schneller und weichte den Attacken geschickt aus. Nach einer Weile ging Rameidon die Luft aus und es zog sich niedergeschlagen zurück. Die Gefahr war vorüber.
Cassie fiel ein Stein vom Herzen, als es endlich außer Sichtweite war. Jetzt stand nur noch das unbekannte Pokémon da. Langsam kroch sie aus ihrer Höhle und wollte sich ihm vorsichtig nähern. "Mit so einem starken Pokémon an meiner Seite könnte ich die beste Trainerin der Welt werden. Es hat mir geholfen und will vielleicht mein Freund werden. Wenn ich es fange und dann alles anderen zeigen würde, kämen die sicher nicht mehr raus aus dem Staunen." Das wäre total cool.
Als sie nur noch wenige Schritte entfernt war, raschelte es auf einmal über ihr in den ästen der Bäume. Erschrocken blicke sie auf und sah ein Yanma davon fliegen. Als sie sich wieder zu dem unbekannten Pokémon umdrehen wollte, war dieses verschwunden. "Schade, jetzt ist es weg, dachte Cassie, dabei wäre es so toll gewesen."
"STARAPTOR" klang es plötzlich über Cassies Kopf und sie blicke aufwärts. Anfangs traute sie ihren Augen kaum, als da das Staraptor ihres Vaters angeflogen kam. Es hatte einen kleinen Beutel bei sich. Es landete und Cassie begrüßte es: "Hallo Tito. Was machst du denn hier? Ist der Beutel für mich? Was ist da drin?" Cassie nahm den Beutel ab und öffnete ihn. Dort drin lagen ein Pokéball, ein Pokédex und ein Brief. Sie ergriff den Brief und öffnete ihn:
"Hallo Cassie! Als erstes möchte ich mich dafür entschuldigen, das ich mich so verspätet habe, obwohl ich Dir versprochen hatte, pünktlich zu sein. Aber nun bin ich wieder da. In dem Pokéball, den du in der Tüte siehst, befindet sich dein erstes Pokémon. Es ist Panflam. Deine Eltern haben wir erzählt, wie sehr du Die dieses gewünscht hast. Es ist sehr freundlich und ich hoffe, ihr werdet gute Freunde sein.
Ich habe Dir auch gleich einen Pokédex mitgegeben, indem die Daten der Pokémon gespeichert werden, die du gesehen und gefangen hast. Es gibt so viele verschiedene Arten, da ist es besser, man hat ein Lexikon dabei. Ich hoffe wir werden uns bald wieder sehen, damit du mir zeigen kannst, wie gut du mit deinen Pokémon zusammen arbeitest. Behandle sie immer gut und sei nett zu ihnen.
Viel Glück und viel Spaß auf deiner Reise. Professor Weid"
Gerührt faltete sie den Brief wieder zusammen und verstaute ihn und den Pokédex in ihrem Rucksack. Dann nahm sie den Pokéball aus dem Beutel: "Danke Tito, dass du mir die Sachen gebracht hast. Du kannst jetzt zu Papa zurück fliegen, denn ich habe jetzt das Pokémon, was ich mir schon immer gewünscht hab." "STARA", rief Tito, nickte mit dem Kopf und erhob sich in die Lüfte, um nach Hause zu fliegen.
Cassie nahm ihren Rucksack auf den Rücken und machte sich wieder auf dem Weg zum nächsten Ort. Ihre Reise hatte gerade erst begonnen. Das erste Abenteuer hatte sie bereits gemeistert und es würde sicher noch viele weitere geben, die sie nun mit ihrem neuen Freund und Partner bestehen musste. Jetzt konnte sie endlich die Worte sagen, von denen sie schon so lange geträumt hat:
"Komm raus, Panflam!"